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Silvios Sicht 18

Kürzlich sagte ein junger Kollege zu mir: „Du kennst dich ja mit Krisen aus, du hast ja noch den zweiten Weltkrieg erlebt.“ So alt bin ich dann doch nicht.
Von meinen Eltern weiss ich aus erster Hand, was Notstand, der über Jahre anhielt, praktisch bedeutet hat.
Die Erdölkrise mit den autofreien Sonntagen 1973 hat mich als jungen Erwachsenen beeindruckt. Die Einschränkung war zwar da, aber nicht wirklich schmerzhaft. Die Rückeroberung der Strassen durch Gefährte ohne Motor war sogar ein Happening.

Nun sind die Einschränkungen infolge der Corona-Krise für alle spürbar. Innerhalb von Wochen und Tagen hat sich das Leben von uns allen massiv verändert.

Natürlich gibt es viel Wichtigeres als Sport.
Dennoch, für uns Handballer hat sich innerhalb von acht Tagen eine völlig neue Situation ergeben. Ein Blick in meine Agenda macht mir das sehr deutlich. Alle Einsätze als Trainer, Schiedsrichter, Coach, alle Matchbesuche fallen weg. Sitzungen finden per Telefonkonferenz statt, die Büroarbeit als Vereinspräsident ist noch nahezu unverändert zu erledigen.

Heute nun hat der Schweizerische Handballverband bekannt gegeben, dass es in der abgebrochenen Meisterschaft 2019/20 keine Absteiger und keine Aufsteiger gibt.
Alle Infos dazu findet man auf der Homepage des SHV.
Was heisst das für Handball Stäfa?

Alle Aktivmannschaften haben den Ligaerhalt geschafft. Die SG Meilen/Stäfa kann im September 2020 bei den Frauen in der 2. Liga starten, genau so das „Zwei“ von Handball Stäfa bei den Männern. Das „Drüü“ spielt weiterhin in der 3. Liga, das „Vieri“ in der 4. Liga.

Im Juniorenbereich sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen. Da gibt es nur in den Elite-Ligen eine Ganzjahres-Saison von September bis April. Alle anderen starten jeweils im Januar neu.
Verlierer bei Handball Stäfa ist die jüngere „zweite Garnitur“ im Bereich U15 und U17. Die beiden Mannschaften sind vor Weihnachten aus den Interligen abgestiegen und starten im Herbst in der 1. Stärkeklasse. Durch den Abbruch der Meisterschaft haben sie die realistische Chance für Aufstiegsspiele zum sofortigen Wiederaufstieg nun doch nicht erhalten.
Eher zu den Profiteuren gehört Handball Stäfa bei den Elite-Teams U19 und U17. Für diese beiden Mannschaften sah es einige Runden vor Schluss nicht sehr rosig aus, man war in akuter Abstiegsgefahr. Das U15 Elite hatte den Ligaerhalt bereits aus eigener Kraft geschafft und auf Stufe U13 gehört Handball Stäfa seit Januar zu den sechs bestens Teams des Landes in der U13-Inter-Finalrunde. Diese sechs Teams spielen ab Herbst 2020 in der neuen Kategorie U13 Elite.
Fazit: Als einer von ganz wenigen Vereinen stellt Handball Stäfa in der Saison 2020/21 Teams in allen Junioren Elite-Ligen! Das macht natürlich Freude, stellt aber auch eine riesige Herausforderung dar.
Die abgebrochene Saison hat es gezeigt: Die Luft unter den zwölf Besten landesweit ist für einen Verein mit einem kleinen Einzugsgebiet wie Stäfa sehr dünn. Dass auch im Mai 2021 alle Teams auf eine Saison mit Ligaerhalt zurückblicken werden, ist zu hoffen, aber überhaupt nicht garantiert.
Es braucht grösste Anstrengungen von allen, Spielern, Trainern und auch viel Support durch das familiäre Umfeld.
Und wenn ich noch etwas weiter in die Zukunft blicke, zeigen sich auf meiner Stirn tiefe Sorgenfalten. Bei den Kindern der Jahrgänge 2009 und jünger haben wir zahlenmässig grosse Lücken! Da müssen wir durch Werbeaktionen und gute Trainingsarbeit noch viel bewegen.

Freude herrscht dagegen beim Blick auf die 1. Mannschaft, wo die Stäfner Eigengewächse mittlerweile eine dominierende Rolle spielen.

Natürlich hat man sich bei Handball Stäfa berechtigte Hoffnungen auf die Teilnahme des NLB-Teams an den Playoff-Spielen um den Aufstieg in die höchste Spielklasse gemacht. Dass dies dem Team von Philipp Seitle durch den Saisonabbruch verunmöglicht wurde, ist sehr schade. Im Herbst 2020 wird die Mannschaft wieder in der zweithöchsten Liga der Schweiz starten. Ich freue mich schon jetzt auf das, was wir in der Frohberghalle zu sehen bekommen werden.

Die in der Rubrik „Silvios Sicht“ gemachten Äusserungen sind grundsätzlich subjektiv.